In der Regel
werden Bücher mit Hilfe von Verlagen veröffentlicht. Lediglich Jakob Ebner
zog es vor, seine Broschüren im "Selbstverlag" herauszugeben. Diese
Gepflogenheit ist durchaus üblich, wenn eingeführte Verlage damit rechnen
müssen, dass angebotene Manuskripte keine Aussichten hätten, in solcher
Stückzahl verkauft werden zu können, dass die mit der verlegerischen Arbeit
verbundenen Kosten wieder hereinkommen; von einem Gewinn ganz zu schweigen.
Das gleiche Verfahren wählte im Jahre 2020 auch der Görwihler
Gewerbeschullehrer Norbert Lüttin, als er „Salpeterer.
Der „Hotzenwaldroman“
veröffentlichte und zu diesem Zweck einen eigenen Verlag gründete (.s.u.)
Die meisten
Autoren der im Literaturverzeichnis aufgeführten Schriften über die Salpetererbewegungen aber haben Verlage gefunden. Die
Arbeiten historisch-wissenschaftlichen Charakters sind in Verbindung mit
Forschungsreihen veröffentlicht worden, wie es am Beispiel der Arbeit von
Tobias Kies demonstriert werden kann. Dieses wissenschaftliche Werk, es
handelt sich um die Dissertation des Verfassers, ist im Universitäts-Verlag
Konstanz erschienen. Das umfangreiche Buch konnte dort aber nur mit
finanzieller Unterstützung durch Sponsoren gedruckt werden. Zu den Sponsoren
gehörten der Landkreis Waldshut, die "Dr. Inge Freytag Stiftung"
Waldshut und die Universität Bielefeld, bei der die Arbeit geschrieben wurde.
Trotz derartiger Förderungen ist der Verkaufspreis relativ hoch, da nur
wenige Exemplare gedruckt, von denen viele noch in Bibliotheken gestellt und
an mögliche Rezensenten abgegeben werden. Verkaufsschlager sind derartige
wissenschaftliche Werke kaum. Erst wenn sie, frei von den vielen Anmerkungen
und Erläuterungen, gleichsam wie ein Geschichtsbuch umgeschrieben werden und
/ oder wenn sie auf einen "Nerv" des Publikums treffen, dann haben
sie Aussicht, gut verkauft zu werden. So ein wissenschaftliches Werk war zum
Beispiel das dickleibige Buch von Joachim C. Fest über "Hitler",
das 1973 zu ersten Mal erschien und seither mehrfach wieder aufgelegt wurde.
Und die
Salpeterer? Auf den ersten Blick scheint das Thema lediglich von regionalem
Interesse zu sein. Es sind aber Widerstandsbewegungen in allen europäischen
und außereuropäischen Ländern von Bedeutung, weil sie Gemeinsamkeiten
besitzen. Es sind zumindest jene Gemeinsamkeiten, die uns Leserinnen und Lesern
signalisieren, dass es Menschen gab und gibt, die sich - ganz allgemein
gesagt - nichts (mehr) gefallen lassen und die mitreden wollen, wenn es um
das eigene Schicksal geht und die den Mut dazu haben, Widerstand zu leisten.
Dort hören oft schon die Gemeinsamkeiten auf, da bereits die Formen des
Widerstandes unterschiedlich sind.
Wenn man
nachschauen möchte, wie es in der Vergangenheit aussah und wer, warum und wo
in Deutschland sich gegen Obrigkeiten erhob, dann wird man bald feststellen,
dass es überall - auch in scheinbar friedlichen und abgeschiedenen
Landschaften - widerständige Bewegungen gab. Sie richteten sich überall, und
das ist eine weitere Gemeinsamkeit, gegen die jeweiligen Obrigkeiten, die
meistens auf Seiten der politisch, wirtschaftlich und militärisch Mächtigen
standen. Weil das aber so war, hat natürlich, um es einfach und pauschal so
zu sagen, die jeweils herrschende politische Klasse kein Interesse daran, am
Beispiel historischer Widerstandsbewegungen die Bereitschaft zu widerständigen
Haltungen in der Bevölkerung allgemein oder gar bei der Jugend im Besonderen
zu vermitteln. Darum kamen ja zum Beispiel Dr. Emil Müller-Ettikon, der
Geschichtslehrer und Gustav Heinemann, der Bundespräsident, darauf, von
"vergessener Geschichte" zu reden, als sie die Salpeterer 1974 ins
Gespräch brachten.
Die Salpeterer waren im Hotzenwald nie vergessen: doch in keinem Lehrplan
waren sie zu finden und in keinem Geschichtsbuch; nirgendwo in Deutschland!
Dabei hätte es sich angeboten, im Geschichtsunterricht die Salpetererunruhen
als Beispiel für Widerstände zur Zeit des Absolutismus in Deutschland oder
als Aufhänger für das Thema "Kommunale Selbstverwaltung und
Demokratie" zu behandeln.
In den
siebziger Jahren aber war - zum Teil auch als Folgen der achtundsechziger
Studentenbewegungen - die Bereitschaft zu widerständigem Verhalten gewachsen.
Ob es um die Rüstung ging, um Atomkraft oder um den Schutz der natürlichen
Umwelt: die Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik hatten begonnen,
sich zu rühren. Und in diese Zeit fiel passgenau die Rezeption der
Salpetererunruhen aus einer neuen Perspektive. Stehen nicht alle, so lautete
von dreißig Jahren die Frage, die Widerstand leisten, in der Tradition der
Salpeterer?
Und Thomas Lehner, der Redakteur des Freiburger Südwestfunks, beantwortete
diese Frage mit seinen Hörspielsendungen und mit der Herausgabe seines
Büchleins "Die Salpeterer" positiv.
Gewiss, er löste damit bei den Historikern und Heimatforschern Kopfschütteln
aus: ihnen war bekannt, dass es im achtzehnten Jahrhundert auf dem Hotzenwald
zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen und hässlichen Begebenheiten
zwischen den Bauern gekommen war und nicht alle Nachkommen wussten, ob sie
stolz auf ihre Vorfahren sein durften oder sich ihrer schämen
müssten. Viele genierten sich, wenn hier oben "auf dem Wald" die
Rede auf die Salpeterer kam.
Wer aber ein wenig zu abstrahieren versteht und auf die Ursachen derartiger
Unruhen schaut, der wird unschwer verwandtes, typisches, verallgemeinerbares
finden, das gleichsam zeitlos die Menschen umtreibt. Und hierzu gehören
Gefühle der Ohnmacht, der Fremdbestimmung, der Arroganz von Mächtigen oder
gar der Eindruck oder die Lebenserfahrung, auf Kosten Anderer
bedrückt oder gar in Armut gehalten zu werden.
Und nur wer den Bürgerinnen und Bürgern das Recht oder gar die Pflicht zum
Widerstand abspricht, wird kein Verständnis für diejenigen haben, die an
derartige Traditionen anknüpfen und sie uns Heutigen ins Bewusstsein heben
wollen. Und genau darin liegt das Verdienst jener, die sich der Rezeption der
Salpeterer widmeten und zwar mit dem ausgesprochenen Bekenntnis, ein
Salpeterer unserer Tage zu sein.
Nun
erreichen derartige, vor dreißig Jahren recht provokante Motive und
Bestrebungen keine Öffentlichkeit, wenn niemand bereit ist, sie zu
"transportieren". Thomas Lehners Büchlein erschien zunächst im
Wagenbach-Verlag und das Buch von Dr. Emil Müller-Ettikon wurde von Wolfgang
Schillinger angenommen und 1979 im Schillinger-Verlag Freiburg
veröffentlicht. Herr Wolfgang Schillinger hat außerdem die Rechte an dem
Büchlein von Thomas Lehner erworben und es 2001 erneut in den Buchhandel
gebracht.
Was
bewog sie, den Freiburger Verleger Wolfgang Schillinger und wenige Jahre
später den Verleger Axel Dietrich aus Wolpadingen
mitten im Hotzenwald, das verlegerische Wagnis einzugehen und Schriften über
die Salpeterer zu veröffentlichen? Mit meiner Antwort widme ich mich den
beiden Verlegern aus unserer Region, Ihrem Wirken und ihrer Motive.
Joachim Rumpf
„Wir möchten Ihnen die Geschichte
näher bringen…“ mit dieser selbstgestellten Aufgabe gründeten Norbert und Anette Lüttin
in Rüsswihl, einer Teilgemeinde von Görwihl, einen
Verlag und gaben ihm den Namen „Salpeterer-Verlag“
https://www.salpetererverlag.de
https://www.facebook.com/norbert.luttin