In der Wochenendausgabe des Alb-Bote vom 25./26. November 1972 fand ich
einen Beitrag von Konrad Sutter über den Kampf und die Verbannung, das herbe
Schicksal eines Anführers der Salpeterer. Es betrifft den Müller Martin Thoma
aus dem Haselbachtal bei Weilheim. Eine weitere Veröffentlichung über die
„Salpetererbewegung“ erschien in der Badischen Zeitung vom 2. September 1988
mit der Abbildung des hohen Steinkreuzes an der Stelle, wo einst Martin
Thomas Mühle stand. Der Überlieferung nach soll es zu seinem Gedenken
errichtet worden sein. So wurde ich auf die Forschungstätigkeit des Konrad
Sutter aufmerksam.
Es waren inzwischen viele Jahre vergangen, bis ich zu Konrad Sutter
telefonischen Kontakt aufnahm. Dazu eingeladen, besuchte ich ihn in der
Waldeckstrasse 3 in Waldshut, wo er mit seiner Frau seit über 50 Jahren
wohnt. Bei der geistigen Frische und der erstaunlichen Vitalität vermochte
ich es kaum glauben, einen zu diesem Zeitpunkt 83-jährigen Mann vor mir zu
haben.
Die Ausschmückung der Wohnung mit Bildern und Gegenständen aus dem
Heimatgebiet verrät unschwer, dass hier heimatverbundene Menschen leben.
Gleichzeitig weisen die mit Büchern prall gefüllten Regale auf eine rege
literarische Betätigung hin. Die Büchersammlung umfasst in der Hauptsache
historische Werke, teils selbst kopiert, da heute vergriffen. Es sind über
100 Ortschroniken vorhanden. Sutter hat bei der Entstehung einer Anzahl davon
selbst mitgewirkt. Auch finden sich viele Schulungsbücher und Lexika, denn
Sutter erwarb als Autodidakt sich selbst die Grundlage für sein Wirken
auf historischem Gebiet.
Da Sutter sich schon von Jugend auf mit Fotografieren beschäftigte,
verfügt er auch über eine umfangreiche Sammlung an Bildmaterial in Negativen
und Dias von hohem Wert. Schließlich vervollständigen unzählige in
Jahrzehnten vorgenommene Handaufzeichnungen Sutters Privatarchiv und machen
den Regionalhistoriker mit seinem umfassenden Fachwissen zu einer
vielgefragten Auskunftsperson.
Im Arbeitszimmer des Konrad Sutter überrascht ein Aufbau von diversen
elektronischen Geräten neuesten Standes der Technik. Sie bieten ihm die
vielgenutzte Möglichkeit, das mit seiner Frau Lilly zusammengetragene
Schrift- und Bildmaterial auch in Filmen zu verarbeiten und zu publizieren.
Seine vier digital verarbeiteten 45 minütigen Video-Filme befassen sich mit:
Waldshut und Tiengen in Geschichte und
Gegenwart, Burgen und Schlösser im Land am Hochrhein und den
historischen Glocken im Landkreis.
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Wie Konrad Sutter zu berichten weiß, fand Geschichte allgemein bei
ihm stets großes Interesse. Als nach dem Krieg das Reisen wieder
möglich wurde, zog es ihn und seine ebenfalls interessierte Frau zunächst zu
den historisch bedeutenden antiken Stätten in Italien, namentlich in Rom.
Bald fand er, dass es in der bekannten Geschichte seines Heimatgebietes noch grössere Lücken gab und vor allem noch vieles den
Bewohnern nicht oder nicht mehr bekannt war. So ging er dazu über, sich in
der regionalen Geschichte kundig zu machen und von hier Verhältnisse und
Vorgänge der Vergangenheit zu publizieren.
In Dogern, einem Hauptort der einstigen
Grafschaft Hauenstein, oder im „Hauensteinischen“,
wie die dortigen Leute ihren „Wald“ auch gerne nannten, ist Konrad Sutter
aufgewachsen. Er pflegt noch rege Beziehungen zu seinem Heimatort, war
er doch, bis er in den Krieg musste, dort als Klarinettist Angehöriger des
Musikvereins, auch aktives Mitglied des Gesangvereins und des Kirchenchores,
wie er mich wissen ließ. Im Zuge seines Forschens wurde es ihm bald bewusst,
welch bedeutenden Einfluss das Kloster St.Blasien
einst auf die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in
seiner heimatlichen Region ausübte. Dabei blieb es ihm nicht verborgen, welch
hartnäckigen Kampf die Untertanen um mehr freiheitliche Rechte schon von sehr
früh an führten. Dieser hatte bekanntlich seinen Höhepunkt in den sogenannten
Salpetererunruhen im achtzehnten Jahrhundert.
Sutter beließ es nicht allein beim Forschen im geschichtlichen Werdegang
des Klosters St.Blasien und in dessen Verhältnis zu
seinen Untertanen. Er suchte auch alle auf das Kloster zurückgehenden Spuren
kulturellen Schaffens und Förderns in seinem Territorium. So inventarisierte
er alle diesbezüglichen Bauten, Kunst- und Sakralgegenstände und
dokumentierte diese mit Lichtbildern. Einen größeren Aufwand an
Exkursionen bis weit über die Region hinaus war hierzu erforderlich, auch die
Aneignung von Kenntnissen in der Kunstgeschichte.
Im Zuge seiner Forschungen erkannte Sutter auch, dass Waldshut einst ein
Mittelpunkt kulturellen- und künstlerischen Lebens war. Ein Arbeiten im
verhältnismäßig reichhaltigen Stadtarchiv von Waldshut war aber nicht
möglich. Durch mehrmaliges Umziehen während des Krieges war das Archivgut
vollkommen durcheinander geraten. Das schreckte Sutter aber nicht. Zusammen mit
seiner Frau machte er sich daran, den Bestand zu ordnen. Er benötigte dazu
mehr als ein Jahr. Die damalige Stadtverwaltung bat nun Sutter, das bisher
ohne Betreuung gewesene Archiv in Verwaltung zu übernehmen. In einem Lehrgang
beim Staatsarchiv in Freiburg erhielt er eine Unterweisung und wurde so
ehrenamtlicher Stadtarchivar.
Keineswegs gab sich Sutter mit dem Verwalten des alten Schriftgutes
zufrieden, jetzt hatte er uneingeschränkte Möglichkeiten, die alten Akten und
Urkunden zu studieren, und davon machte er mit großem Fleiß Gebrauch. Im
Lesen von alten Schriften ist er zwischenzeitlich ein versierter Übersetzer
geworden.
Man kann es schon fast als sensationell bezeichnen, was Sutter an Neuem in
der Stadtgeschichte entdeckte. Er fand heraus, dass in Waldshut vom 17. bis
19.Jahrhundert 12 Geigenbauer arbeiteten. Über 150
Jahre bestand eine Glockengießerei, auch schon eine Druckerei. Es gab in der
Stadt Baumeister, Orgelbauer, Holzschnitzer und Altarbauer, Goldschmiede,
Uhrmacher, bedeutende Maler und Geometer, was bis dahin unbekannt war.
Diese Künstler hinterließen ihre Spuren bis weit über das heutige
Hochrheingebiet hinaus, und so sah sich Sutter genötigt, seine Forschungen
entsprechend auszudehnen. Zwecks Austausch von Forschungsergebnissen unterhält
Sutter auch freundschaftliche Beziehungen zu andern Historikern, selbst über
die Region hinaus, beispielsweise zu den Forscherkapazitäten
Prof. Hermann Brommer in Merdingen
und Prof. Adolf Reinle in Zürich.
Wie bereits erwähnt, möchte Konrad Sutter auch Geschichte unter die Leute
bringen und Freunde für sie gewinnen. So betätigte er sich aktiv an der
Gründung des „Vereins für Geschichte am Hochrhein“. In der
Gründungsversammlung am 24. März 1974, in Anwesenheit von namhaften
Vertretern der Politik und vielen bekannten Historikern, wurde Sutter als
Schriftführer in die Vorstandschaft gewählt. Bis in die Gegenwart hinein
arbeitet er für den Verein mit Vorträgen und Vorführungen eigener Filme auch
Veröffentlichungen wissenschaftlich fundierter Beiträge in dessen
Jahrbüchern.
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Nun möchte ich auf Sutters Aktivitäten im Zusammenhang mit den
Salpetererunruhen eingehen. Sehr hilfreich erweist sich hier seine „Übersicht
zur eigenen Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Heimat-, Kultur-, Kunst-
und Baugeschichte in der Region Hochrhein-Südschwarzwald“.
In einem 14-seitigen Heft, DIN A4, hat Sutter seine literarischen und
bildlichen Veröffentlichungen in Büchern, Heften und Tageszeitungen,
angefangen 1963, sowie Vorträge mit Dias auch in Filmen und anderen
Unternehmungen auf historischem Gebiet, aufgelistet. Dies soll, so meint
Sutter, zu welchem Zweck auch immer, eine bibliographische Orientierung
erleichtern. Kaum jemand nimmt sich Zeit für eine solch immense Arbeit.
Eigentlich gibt es schon sehr viele Veröffentlichungen über die Salpeterer
in unterschiedlichen Qualitäten. Sutter ging es darum, bisher noch unbekannte
oder unbenützte Primärquellen zu erkunden und auszuwerten. Solche fand er im
Stiftsarchiv des Klosters St.Paul in Kärnten.
Dorthin emigrierte 1807 der Abt von St.Blasien mit
einem Teil der Mönche, nachdem sein Kloster 1806 aufgehoben wurde. Sie
konnten das meiste ihres Archivs und des Klosterschatzes mitnehmen. Mehrere
Urlaubsfahrten führten Sutter und seine Frau nach St.Paul.
Die beiden saßen wochenlang hinter kalten Klostermauern, um das vorhandene
Schriftgut zu studieren, statt sich vielleicht an einem schöneren Ort zu
vergnügen.
Als sehr ergiebig erwies sich das Sichten der Tagebücher der Äbte von St.Blasien. Sie sind ab 1650 lückenlos vorhanden. Einen
ganzen Urlaub verwendete das Forscherpaar allein, um sie durchzuarbeiten, was
offenbar vor ihm noch niemand tat. Sutter musste feststellen, dass bisherige
Berichte über die Salpeterer nicht in allem diesen Aufzeichnungen
entsprachen. Er fand in St.Paul auch bisher
unbekannte zeitgenössische Abhandlungen, zum Beispiel eine solche vom
späteren Gurtweiler Obervogt Johann Köpfer, der nach den bewaffneten Auseinhandersetzungen
in Dogern zum Verhör von Salpeterern eingesetzt
war. Weiter sind damalige Aufzeichnungen des Paters Marquart Herrgott zu den Salpetererstreitigkeiten vorhanden. Auch eine Geschichte
des Albgaues mit Einschluss der Salpetererzeit,
verfasst vom Historiker-Pater Ambros
Eichhorn.
Einen bedeutenden Fund machte Konrad Sutter in der Pfarrei
Rickenbach. Nicht weil er dort seine Vorfahren bis zu einem 1660 geborenen
Johann Sutter zurückverfolgen konnte, es handelt sich vielmehr um den erste
Anführer der Salpeterer, Johann Fridolin Albiez. Bisher wurde dieser in
Publikationen stets aus Buch stammend verzeichnet. Jedoch im
Totenregister fand Sutter einen 1735 vom damaligen Pfarrer verfassten
Bericht in Latein über die Aktivitäten der Salpeterer. Dieser beginnt
(übersetzt) mit: „Fridolin Albiez, nämlich des Salpetererschmieds
Sohn von Rickenbach, daher Salpeterer genannt, zeitweise in der Einung Birndorf wohnhaft und einstens
dort auch Einungsmeister, setzte beim Volk in Umlauf .....“. Damit konnte
Sutter belegen, dass Albiez aus Rickenbach stammte. Erhärtet wird dies durch
einen weiter gefundenen Eintrag im Taufbuch, wonach Fridolin Albiez und Maria
Enderlin am 6. November 1692 in Rickenbach die
Tochter Maria geboren, bzw. getauft wurde. Dagegen kam am 27. Juli 1795 der
Sohn Jakob in der Pfarrei Birndorf zur Welt.
Demnach müsste Albiez erst zwischenzeitlich nach Buch, Pfarrei Birndorf, verzogen sein. Mit was Sutter weiter an Neuem
aufwarten konnte, ist der Fund von täglichen Protokollen bei der Belagerung
der Festungsstadt Waldshut durch die Salpeterer von 1745. Verfasst hat
diese der damalige Stadtschreiber Franz Joseph Kern.
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Zu den wichtigsten der von Konrad Sutter behandelten Themen
gehört die Erforschung der Siegel- und Wappengeschichte des Klosters St.Blasien, veröffentlicht im Jahrbuch des
Geschichtsvereins Hochrhein von 1977. Für diese Arbeit erhielt Sutter unter
anderem vom Generallandesarchiv Karlsruhe, dem Staatsarchiv Freiburg, den
Kantonsarchiven Schaff- hausen, Zürich, Aarau und Basel, sowie
dem Stiftsarchiv St.Gallen und dem Erzabt Ursmar Engelmann
vom Kloster Beuron hohe Anerkennungen. Das
Aufsuchen der noch vorhandenen herrschaftlichen Grenzsteine,
veröffentlicht im Jahrbuch des Landkreises Waldshut von 1991, und der
Weg- und Flurkreuze in der Region erforderte weiter einen nicht geringen
Aufwand. Auf Konrad Sutter als Mitgründer des Geschichtsvereins
Hochrhein ist es nicht zuletzt auch zurückzuführen, dass der Verein den
Titel: „Heimat am Hochrhein“ für dessen Jahreshefte übernahm.
Von Heimatdichter Paul Körber aus Waldshut wäre zu berichten, dass
er den Text zu den Küssaburg-Festspielen
1935, „Der Freiheitskampf der Hotzenbauern“,
schrieb. Sutter erinnert sich, dass er mit seiner Schulklasse eine der
damaligen Vorführungen besuchen konnte. Das NS-Regime förderte die Spiele.
Der Kampf der Salpeterer wurde von ihnen propagandistisch ausgewertet. Auch
kam damals der Begriff Hotzenwald mehr und mehr in Gebrauch, während bisher
für das Gebiet des Hauensteinischen keine andere
Bezeichnung als „Der Wald“ (Daher Waldshut, Waldkirch)
in der Bürgerschaft gebräuchlich war. Es bekam auch der Hochsaler
Kirchturm den Namen „Alter Hotz“ (Initiator war der damalige Pfarrer
Amann), so Konrad Sutter als Zeitgenosse. Geographisch ist das Gebiet des
heutigen Hotzenwaldes nicht abgegrenzt. Die dortigen älteren Bewohner
behaupten, der Hotzenwald läge westlich der Alb. Dagegen setzen die meisten
Historiker den Hotzenwald mit dem Gebiet der ehemaligen Grafschaft
Hauenstein gleich. Professor Rudolf Metz schiebt die Ostgrenze gar bis zur Steina vor.
Nicht an letzter Stelle steht die äußerst verdienstvolle
Glockenforschung (1973-1975). Über 100 Kirch- und Kapellentürme musste Sutter
mit seine Frau oft unter Gefahren besteigen, um von den allein im Landkreis
Waldshut noch vorhandenen mehr als 120 Glocken den Bestand, die Masse,
Beschriftung, Ikonographie und den übrigen Dekor für eine Inventarisierung
aufzunehmen. Das Ergebnis wurde im 1983 erschienenen Glockenatlas von Baden
verwertet. Da die Glocken immer nur zu hören aber nie zu sehen sind, schufen
die beiden Sutter auch den Video-Film mit dem Thema: „Historische Glocken –
Kunstschätze im Verborgenen.“
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Nehmen wir die von Sutter
erstellte Arbeitsliste zur Hand, um uns über seine im Druck erschienenen
Berichte im Zusammenhang mit den Salpeterern zu informieren, so lässt sich
eine respektable Reihe finden, wovon ich die wichtigsten anführen möchte.
Grössere Berichte mit Quellenangaben:
Gegen Kloster und Landesfürst im Hauensteinischen.
In: Vom Jura zum Schwarzwald, Jahrbuch der Fricktal-Badischen
Vereinigung für Heimatkunde, 1995, S. 79-99
Der Hauensteiner Kampf ums Alte Recht. In: Tausend
Jahre Österreich und 625 Jahre Grafschaft Hauenstein, Waldshut 1996, S.
119-133
Der
erbitterte Kampf des Hauensteiner Volkes gegen
seine Obrigkeit, Jahrbuch des Markgräfler Geschichtsvereins, 1996, S. 133-155
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Berichte
in der Tagespresse:
Die
Mühle in Unteralpfen, Alb-Bote, 6.3.1965
Der
letzte Salpeterer, Alb-Bote, 14.8.1968
Joseph
Tröndlin, Müller in Unteralpfen, Alb-Bote,
22.11.1969
Michael
Ebner, von den Salpeterern misshandelt, Südkurier, 26.8.1970
Das
Kreuz am Haselbach, Südkurier, 25.11.1972
Unteralpfen, des Vaters
Totenschädel, Bad. Zeitung, 12.11.1988
Die
Salpetereraufstände in der Grafschaft Hauenstein,
sechs Folgen, Bad. Zeitung, April bis September 1988
Waldshuts
Belagerung durch Salpeterer, Chilbi-Beilage,
Südkurier und Alb-Bote, 1996
Salpetererversteck in Schachen, Südkurier, 31.1.1997
Zug
der Salpeterer gegen Waldshut, Chilbi-Beilage,
Südkurier und Alb-Bote, 2002
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Es wäre auch zu erwähnen, dass Konrad Sutter Dia-Vorträge über die
Klostergeschichte von St.Blasien hielt, in denen
die Salpetererunruhen mitbehandelt wurden. So auch in einem
eineinhalbstündigen S8-Film über die Klostergeschichte, der in 46
Vorführungen, hauptsächlich in Bildungswerken, im Südbadischen und auch dem
angrenzenden Schweizer Gebiet, selbst in St.Paul in
Kärnten, vorgeführt wurde.
In der richtigen wie wichtigen Erkenntnis, dass für die kommenden
Generationen Lebensschicksale als Verständnisquellen wertvoll sein können,
hat Konrad Sutter eine Chronik seines Lebens verfasst. Besonderen Wert legte
er darauf, erlebte Zeitgeschichte mit zu verarbeiten. Er gab ihr den Titel: „Achtzig
Lebensjahre im Rückblick (1921-2001)“. Sie umfasst 65 Seiten in DIN A5
mit einigen Abbildungen
Der ebenso anschauliche wie anrührende Lebensbericht vermittelt zahlreiche
interessante Details mit typisch menschlichen Stärken und Schwächen im
eigenen Erleben. Sie liegen in den Schicksalsjahren, die in jedem Deutschen
dieser Generation vergleichbare Erinnerungsspuren zurückgelassen haben.
Konrad Sutter gehört zu jenen Jahrgängen, die als Heranwachsende das
Hitlerreich erlebten und im zweiten Weltkrieg den höchsten Blutzoll zu
entrichten hatten. Ihm war das große Glück beschieden, mit dem Leben
davongekommen zu sein. Er hatte dann eine eineinhalbjährige
Gefangenschaft zu erleiden und musste die Entbehrungen der Nachkriegszeit
durchschreiten. So war er in der Lage, mit dem Beispiel des eigenen Lebens
Zeitgeschichte aufzuzeigen, die den Generationen der Kinder und Enkel sonst
verborgen geblieben wären, weil sich bisher nur wenige fanden, die wie er,
ungeschminkt ihre Erfahrungen mitteilten.
Eingeleitet wird die Schrift mit der Kopie einer Postkarte von 1915.
Gemalt gibt sie in Color den Blick auf das Rheintal von Waldshut in
Richtung Dogern wieder, also vom jetzigen
Wohnort zum Dorf, wo Sutter aufwuchs. Darunter befinden sich Verse aus dem
Lied: Heimat am Hochry“, dessen Text auch
Paul Körber verfasste. Sie lauten:
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Dört wo de Rhy
vom Laufe chunt,
go Basel
hurtig
zieht
in sellem Erdstuck
lieht dursunnt
gilt jetzt my Heimetlied.
Au Dogre isch
en Ort am Ry,
liit wie en Garrde do,
vom Bürgelrai im Sunneschii,
dä Blick macht riich und froh.
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Einige weitere Lebensdaten des
Konrad Sutter sollen noch wiedergegeben werden:
Er wurde am 11.April 1921 als
Sohn der unverheirateten und im einstigen Murgtalkraftwerksbau
der Firma Berberich von Säckingen aufgewachsenen Maria Sutter in Freiburg
geboren. Ihr Vater und Großvater wie auch ein Bruder besorgten als
Schlossermeister das Elektrowerk. Bei den nachfolgenden 16 Geschwistern
musste Sutters Mutter früh in der Fremde in Stellungen gehen. Mit einem
halben Jahr kam ihr Sohn Konrad als Pflegekind zum Landwirtsehepaar Josef und
Josefine Wehrle nach Dogern. Dort wuchs er mit
deren eigenen acht Kindern auf. Nach der Schulzeit erlernte er das
Schlosserhandwerk in der Maschinenfabrik Mann in Waldshut. Nach weiteren zwei
Jahren, beschäftigt als Granatendreher, wurde er 1941 zum Kriegsdienst
eingezogen. Einer Ausbildung als Funker folgte der Einsatz im Osten und 1944
kurz im Westen, wo er in amerikanische Gefangenschaft geriet. 1946 entlassen,
kehrte er zu den Wehrles zurück und arbeitete während eines Jahres auf deren
Landwirtschaft, die jetzt einer der Wehrlesöhne
betrieb.
In der Gefangenschaft hatte
Sutter Gravieren gelernt. So konnte er jetzt eine Beschäftigung als Graveur
im Optiker- und Schmuckgeschaft Egon Ebner in
Waldshut aufnehmen. Nun lernte er 1946 auch seine heutige Frau kennen.
Die bevorstehende Währungsreform mit unsicherer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
veranlasste Sutter, 1947 in die Badische Gendarmerie einzutreten. Nach
Dienstorten Rheinfelden und Überlingen kam er 1949 zur Polizei nach Waldshut,
der Heimat seiner Frau, mit der er sich im gleichen Jahr verehelichte. Aus der
Ehe ging eine Tochter hervor.
Der anstrengende Schichtdienst
bei der Verkehrspolizei in Waldshut setzte Sutters Gesundheit derart zu, dass
er ihn 52-jährig aufgeben und 1973 in den Ruhestand gehen musste. Hatte
Sutter bisher nur während der Freizeit Gelegenheit der historischen Forschung
nachzugehen, so stand ihm jetzt, nachdem er sich gesundheitlich wieder erholt
hatte, ausgiebig Zeit zum intensiven Forschen zur Verfügung. Diese
nützte er, unter ständiger Mithilfe seiner keine Mühe scheuenden Frau. Dabei
besuchte er noch 55-jährig ein Jahr Lateinunterricht im Gymnasium in
Waldshut.
Die Ausführungen über das von
Konrad Sutter höchst verdienstvolle Wirken für die Geschichte unserer Heimat
wäre sicher unvollständig, würde man nicht auch seine Auszeichnungen nennen,
die ihm selbst höchste Stellen nicht versagten. „In Würdigung der zahlreichen
Beiträge zur Heimatgeschichte, besonders von Waldshut und St.Blasien“
erhielt er 1984 in Stuttgart den Landespreis. 1991 verlieh ihm die Stadt
Waldshut-Tiengen die silberne Verdienstmedaille. Die Stadt St.Blasien ehrte ihn 1996 mit der Fürstabt-Gerbert-Medaille in Gold und 1997 mit dem Fürstabt-Gerbert-Preis. Im Jahre 2000 wurde Konrad Sutter
schließlich mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande seine höchste Ehrung
zuteil.
Vgl. hierzu
auch Manfred Dietenberger: Zum 80. Geburtstag von
Konrad Sutter. In: Land zwischen Hochrhein und Schwarzwald. Beiträge zu
Geschichte des Landkreises Waldshut. Jahrgang 2001 herausgegeben vom
Geschichtsverein Waldshut e. V., S. 89 -92
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