Beschreibung: D:\Homepages\salpeterer_net\Historiker\Sutter\FolieS.jpg

Über die Salpeterer im Hotzenwald
Historiker und Heimatforscher

 

Konrad Sutter aus Waldshut

 

Beschreibung: kon

 

 

In der Wochenendausgabe des Alb-Bote vom 25./26. November 1972 fand ich einen Beitrag von Konrad Sutter über den Kampf und die Verbannung, das herbe Schicksal eines Anführers der Salpeterer. Es betrifft den Müller Martin Thoma aus dem Haselbachtal bei Weilheim. Eine weitere Veröffentlichung über die „Salpetererbewegung“ erschien in der Badischen Zeitung vom 2. September 1988 mit der Abbildung des hohen Steinkreuzes an der Stelle, wo einst Martin Thomas Mühle stand. Der Überlieferung nach soll es zu seinem Gedenken errichtet worden sein. So wurde ich auf die Forschungstätigkeit des Konrad Sutter aufmerksam.

Es waren inzwischen viele Jahre vergangen, bis ich zu Konrad Sutter telefonischen Kontakt aufnahm. Dazu eingeladen, besuchte ich ihn in der Waldeckstrasse 3 in Waldshut, wo er mit seiner Frau seit über 50 Jahren wohnt. Bei der geistigen Frische und der erstaunlichen Vitalität vermochte ich es kaum glauben, einen zu diesem Zeitpunkt 83-jährigen Mann vor mir zu haben.

Die Ausschmückung der Wohnung mit Bildern und Gegenständen aus dem Heimatgebiet verrät unschwer, dass hier heimatverbundene Menschen leben. Gleichzeitig weisen die mit Büchern prall gefüllten Regale auf eine rege literarische Betätigung hin. Die Büchersammlung umfasst in der Hauptsache historische Werke, teils selbst kopiert, da heute vergriffen. Es sind über 100 Ortschroniken vorhanden. Sutter hat bei der Entstehung einer Anzahl davon selbst mitgewirkt. Auch finden sich viele Schulungsbücher und Lexika, denn Sutter erwarb als Autodidakt  sich selbst die Grundlage für sein Wirken auf historischem Gebiet.

Da Sutter sich schon von Jugend auf mit Fotografieren beschäftigte, verfügt er auch über eine umfangreiche Sammlung an Bildmaterial in Negativen und Dias von hohem Wert. Schließlich vervollständigen unzählige in Jahrzehnten vorgenommene Handaufzeichnungen Sutters Privatarchiv und machen den Regionalhistoriker mit seinem umfassenden Fachwissen zu einer vielgefragten Auskunftsperson.

Im Arbeitszimmer des Konrad Sutter überrascht ein Aufbau von diversen elektronischen Geräten neuesten Standes der Technik. Sie bieten ihm die vielgenutzte Möglichkeit, das mit seiner Frau Lilly zusammengetragene Schrift- und Bildmaterial auch in Filmen zu verarbeiten und zu publizieren. Seine vier digital verarbeiteten 45 minütigen Video-Filme befassen sich mit: Waldshut und Tiengen in Geschichte und Gegenwart,  Burgen und Schlösser im Land am Hochrhein und den historischen Glocken im Landkreis.

 

 Wie Konrad Sutter zu berichten weiß, fand Geschichte allgemein bei ihm  stets großes Interesse. Als nach dem Krieg das Reisen wieder möglich wurde, zog es ihn und seine ebenfalls interessierte Frau zunächst zu den historisch bedeutenden antiken Stätten in Italien, namentlich in Rom. Bald fand er, dass es in der bekannten Geschichte seines Heimatgebietes noch grössere Lücken gab und vor allem noch vieles den Bewohnern nicht oder nicht mehr bekannt war. So ging er dazu über, sich in der regionalen Geschichte kundig zu machen und von hier Verhältnisse und Vorgänge der Vergangenheit zu publizieren.

In Dogern, einem Hauptort der einstigen Grafschaft Hauenstein, oder im „Hauensteinischen“, wie die dortigen Leute ihren „Wald“ auch gerne nannten, ist Konrad Sutter aufgewachsen.  Er pflegt noch rege Beziehungen zu seinem Heimatort, war er doch, bis er in den Krieg musste, dort als Klarinettist Angehöriger des Musikvereins, auch aktives Mitglied des Gesangvereins und des Kirchenchores, wie er mich wissen ließ. Im Zuge seines Forschens wurde es ihm bald bewusst, welch bedeutenden Einfluss das Kloster St.Blasien einst auf die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in seiner heimatlichen Region ausübte. Dabei blieb es ihm nicht verborgen, welch hartnäckigen Kampf die Untertanen um mehr freiheitliche Rechte schon von sehr früh an führten. Dieser hatte bekanntlich seinen Höhepunkt in den sogenannten Salpetererunruhen im achtzehnten Jahrhundert.

Sutter beließ es nicht allein beim Forschen im geschichtlichen Werdegang des Klosters St.Blasien und in dessen Verhältnis zu seinen Untertanen. Er suchte auch alle auf das Kloster zurückgehenden Spuren kulturellen Schaffens und Förderns in seinem Territorium. So inventarisierte er alle diesbezüglichen Bauten, Kunst- und Sakralgegenstände und dokumentierte diese mit Lichtbildern. Einen  größeren Aufwand an Exkursionen bis weit über die Region hinaus war hierzu erforderlich, auch die Aneignung von Kenntnissen in der Kunstgeschichte.

Im Zuge seiner Forschungen erkannte Sutter auch, dass Waldshut einst ein Mittelpunkt kulturellen- und künstlerischen Lebens war. Ein Arbeiten im verhältnismäßig reichhaltigen Stadtarchiv von Waldshut war aber nicht möglich. Durch mehrmaliges Umziehen während des Krieges war das Archivgut vollkommen durcheinander geraten. Das schreckte Sutter aber nicht. Zusammen mit seiner Frau machte er sich daran, den Bestand zu ordnen. Er benötigte dazu mehr als ein Jahr. Die damalige Stadtverwaltung bat nun Sutter, das bisher ohne Betreuung gewesene Archiv in Verwaltung zu übernehmen. In einem Lehrgang beim Staatsarchiv in Freiburg erhielt er eine Unterweisung und wurde so ehrenamtlicher Stadtarchivar.

Keineswegs gab sich Sutter mit dem Verwalten des alten Schriftgutes zufrieden, jetzt hatte er uneingeschränkte Möglichkeiten, die alten Akten und Urkunden zu studieren, und davon machte er mit großem Fleiß Gebrauch. Im Lesen von alten Schriften ist er zwischenzeitlich ein versierter Übersetzer geworden.

Man kann es schon fast als sensationell bezeichnen, was Sutter an Neuem in der Stadtgeschichte entdeckte. Er fand heraus, dass in Waldshut vom 17. bis 19.Jahrhundert     12 Geigenbauer arbeiteten. Über 150 Jahre bestand eine Glockengießerei, auch schon eine Druckerei. Es gab in der Stadt Baumeister, Orgelbauer, Holzschnitzer und Altarbauer, Goldschmiede, Uhrmacher, bedeutende Maler und Geometer, was bis dahin unbekannt war.

Diese Künstler hinterließen ihre Spuren bis weit über das heutige Hochrheingebiet hinaus, und so sah sich Sutter genötigt, seine Forschungen entsprechend auszudehnen. Zwecks Austausch von Forschungsergebnissen unterhält Sutter auch freundschaftliche Beziehungen zu andern Historikern, selbst über die Region hinaus,  beispielsweise zu den Forscherkapazitäten Prof. Hermann Brommer in Merdingen  und Prof. Adolf Reinle in Zürich.

Wie bereits erwähnt, möchte Konrad Sutter auch Geschichte unter die Leute bringen und Freunde für sie gewinnen. So betätigte er sich aktiv an der Gründung des „Vereins für Geschichte am Hochrhein“. In der Gründungsversammlung am 24. März 1974, in Anwesenheit von namhaften Vertretern der Politik und vielen bekannten Historikern, wurde Sutter als Schriftführer in die Vorstandschaft gewählt. Bis in die Gegenwart hinein arbeitet er für den Verein mit Vorträgen und Vorführungen eigener Filme auch Veröffentlichungen wissenschaftlich fundierter Beiträge in dessen Jahrbüchern.

 

 

Nun möchte ich auf Sutters Aktivitäten im Zusammenhang mit den Salpetererunruhen eingehen. Sehr hilfreich erweist sich hier seine „Übersicht zur eigenen Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Heimat-, Kultur-, Kunst- und Baugeschichte in der Region Hochrhein-Südschwarzwald“.

In einem 14-seitigen Heft, DIN A4, hat Sutter seine literarischen und bildlichen Veröffentlichungen in Büchern, Heften und Tageszeitungen, angefangen 1963, sowie Vorträge mit Dias auch in Filmen und anderen Unternehmungen auf historischem Gebiet, aufgelistet. Dies soll, so meint Sutter, zu welchem Zweck auch immer, eine bibliographische Orientierung erleichtern. Kaum jemand nimmt sich Zeit für eine solch immense Arbeit.

Eigentlich gibt es schon sehr viele Veröffentlichungen über die Salpeterer in unterschiedlichen Qualitäten. Sutter ging es darum, bisher noch unbekannte oder unbenützte Primärquellen zu erkunden und auszuwerten. Solche fand er im Stiftsarchiv des Klosters St.Paul  in Kärnten. Dorthin emigrierte 1807 der Abt von St.Blasien mit einem Teil der Mönche, nachdem sein Kloster 1806 aufgehoben wurde. Sie konnten das meiste ihres Archivs und des Klosterschatzes mitnehmen. Mehrere Urlaubsfahrten führten Sutter und seine Frau nach St.Paul. Die beiden saßen wochenlang hinter kalten Klostermauern, um das vorhandene Schriftgut zu studieren, statt sich vielleicht an einem schöneren Ort zu vergnügen.

Als sehr ergiebig erwies sich das Sichten der Tagebücher der Äbte von St.Blasien. Sie sind ab 1650 lückenlos vorhanden. Einen ganzen Urlaub verwendete das Forscherpaar allein, um sie durchzuarbeiten, was offenbar vor ihm noch niemand tat. Sutter musste feststellen, dass bisherige Berichte über die Salpeterer nicht in allem diesen Aufzeichnungen entsprachen. Er fand in St.Paul auch bisher unbekannte zeitgenössische Abhandlungen, zum Beispiel eine solche vom späteren Gurtweiler Obervogt Johann Köpfer, der nach den bewaffneten Auseinhandersetzungen in Dogern zum Verhör von Salpeterern eingesetzt war. Weiter sind damalige Aufzeichnungen des Paters Marquart Herrgott zu den Salpetererstreitigkeiten vorhanden. Auch eine Geschichte des Albgaues mit Einschluss der Salpetererzeit, verfasst vom Historiker-Pater Ambros Eichhorn.  

Einen bedeutenden Fund machte Konrad Sutter  in der Pfarrei Rickenbach. Nicht weil er dort seine Vorfahren bis zu einem 1660 geborenen Johann Sutter zurückverfolgen konnte, es handelt sich vielmehr um den erste Anführer der Salpeterer, Johann Fridolin Albiez. Bisher wurde dieser in Publikationen stets aus Buch stammend verzeichnet. Jedoch im Totenregister  fand Sutter einen 1735 vom damaligen Pfarrer verfassten Bericht in Latein über die Aktivitäten der Salpeterer. Dieser beginnt (übersetzt) mit: „Fridolin Albiez, nämlich des Salpetererschmieds Sohn von Rickenbach, daher Salpeterer genannt, zeitweise in der Einung Birndorf wohnhaft und einstens dort auch Einungsmeister, setzte beim Volk in Umlauf .....“. Damit konnte Sutter belegen, dass Albiez aus Rickenbach stammte. Erhärtet wird dies durch einen weiter gefundenen Eintrag im Taufbuch, wonach Fridolin Albiez und Maria Enderlin am 6. November 1692 in Rickenbach die Tochter Maria geboren, bzw. getauft wurde. Dagegen kam am 27. Juli 1795 der Sohn Jakob in der Pfarrei Birndorf zur Welt. Demnach müsste Albiez erst zwischenzeitlich  nach Buch, Pfarrei Birndorf, verzogen sein. Mit was Sutter weiter an Neuem aufwarten konnte, ist der Fund von täglichen Protokollen bei der Belagerung der Festungsstadt Waldshut durch die Salpeterer von 1745.  Verfasst hat diese der damalige Stadtschreiber Franz Joseph Kern.

 

 

Zu den wichtigsten  der von  Konrad Sutter behandelten Themen gehört die Erforschung der Siegel- und Wappengeschichte des Klosters St.Blasien, veröffentlicht im Jahrbuch des Geschichtsvereins Hochrhein von 1977. Für diese Arbeit erhielt Sutter unter anderem vom Generallandesarchiv Karlsruhe, dem Staatsarchiv Freiburg, den Kantonsarchiven Schaff- hausen, Zürich, Aarau  und Basel,  sowie dem Stiftsarchiv St.Gallen und dem Erzabt  Ursmar Engelmann vom Kloster Beuron hohe Anerkennungen. Das Aufsuchen  der noch vorhandenen herrschaftlichen Grenzsteine,  veröffentlicht im Jahrbuch des Landkreises Waldshut von 1991,  und der Weg- und Flurkreuze in der Region erforderte weiter einen nicht geringen Aufwand. Auf Konrad Sutter als Mitgründer des Geschichtsvereins Hochrhein  ist es nicht zuletzt auch zurückzuführen, dass der Verein den Titel: „Heimat am Hochrhein“ für dessen Jahreshefte übernahm.

 Von Heimatdichter Paul Körber aus Waldshut wäre zu berichten, dass er den Text zu den Küssaburg-Festspielen 1935,  „Der Freiheitskampf der Hotzenbauern, schrieb. Sutter erinnert sich, dass er mit seiner Schulklasse eine der damaligen Vorführungen besuchen konnte. Das NS-Regime förderte die Spiele. Der Kampf der Salpeterer wurde von ihnen propagandistisch ausgewertet. Auch kam damals der Begriff Hotzenwald mehr und mehr in Gebrauch, während bisher für das Gebiet des Hauensteinischen keine andere Bezeichnung als „Der Wald“ (Daher Waldshut, Waldkirch) in der Bürgerschaft gebräuchlich war. Es bekam auch der Hochsaler Kirchturm den Namen „Alter Hotz“ (Initiator war der damalige Pfarrer Amann), so Konrad Sutter als Zeitgenosse. Geographisch ist das Gebiet des heutigen Hotzenwaldes nicht abgegrenzt. Die dortigen älteren Bewohner behaupten, der Hotzenwald läge westlich der Alb. Dagegen setzen die meisten Historiker den Hotzenwald mit dem  Gebiet der ehemaligen Grafschaft Hauenstein gleich. Professor Rudolf Metz schiebt die Ostgrenze gar bis zur Steina vor.

  Nicht an letzter Stelle steht die äußerst verdienstvolle Glockenforschung (1973-1975). Über 100 Kirch- und Kapellentürme musste Sutter mit seine Frau oft unter Gefahren besteigen, um von den allein im Landkreis Waldshut noch vorhandenen mehr als 120 Glocken den Bestand, die Masse, Beschriftung, Ikonographie und den übrigen Dekor für eine Inventarisierung aufzunehmen. Das Ergebnis wurde im 1983 erschienenen Glockenatlas von Baden verwertet. Da die Glocken immer nur zu hören aber nie zu sehen sind, schufen die beiden Sutter auch den Video-Film mit dem Thema: „Historische Glocken – Kunstschätze im Verborgenen.“ 

 

 

 

Nehmen wir die von Sutter erstellte Arbeitsliste zur Hand, um uns über seine im Druck erschienenen Berichte im Zusammenhang mit den Salpeterern zu informieren, so lässt sich eine respektable Reihe finden, wovon ich die wichtigsten anführen möchte.

Grössere Berichte mit Quellenangaben:
Gegen Kloster und Landesfürst im Hauensteinischen. In: Vom Jura zum Schwarzwald, Jahrbuch der Fricktal-Badischen
Vereinigung für Heimatkunde, 1995, S. 79-99
Der Hauensteiner Kampf ums Alte Recht. In: Tausend Jahre Österreich und 625 Jahre Grafschaft Hauenstein, Waldshut 1996, S. 119-133

Der erbitterte Kampf des Hauensteiner Volkes gegen seine Obrigkeit, Jahrbuch des Markgräfler Geschichtsvereins, 1996, S. 133-155

 

 

Berichte in der Tagespresse:

Die Mühle in Unteralpfen, Alb-Bote, 6.3.1965

Der letzte Salpeterer, Alb-Bote, 14.8.1968

Joseph Tröndlin, Müller in Unteralpfen, Alb-Bote, 22.11.1969

Michael Ebner, von den Salpeterern misshandelt, Südkurier, 26.8.1970

Das Kreuz am Haselbach, Südkurier, 25.11.1972

Unteralpfen, des Vaters Totenschädel, Bad. Zeitung, 12.11.1988

Die Salpetereraufstände in der Grafschaft Hauenstein, sechs Folgen, Bad. Zeitung,   April bis September 1988

Waldshuts Belagerung durch Salpeterer, Chilbi-Beilage, Südkurier und Alb-Bote, 1996

Salpetererversteck in Schachen, Südkurier, 31.1.1997

Zug der Salpeterer gegen Waldshut, Chilbi-Beilage, Südkurier und Alb-Bote, 2002

 

 

Es wäre auch zu erwähnen, dass Konrad Sutter Dia-Vorträge über die Klostergeschichte von St.Blasien hielt, in denen die Salpetererunruhen mitbehandelt wurden. So auch in einem eineinhalbstündigen S8-Film über die Klostergeschichte, der in 46 Vorführungen, hauptsächlich in Bildungswerken, im Südbadischen und auch dem angrenzenden Schweizer Gebiet, selbst in St.Paul in Kärnten, vorgeführt wurde.

In der richtigen wie wichtigen Erkenntnis, dass für die kommenden Generationen Lebensschicksale als Verständnisquellen wertvoll sein können, hat Konrad Sutter eine Chronik seines Lebens verfasst. Besonderen Wert legte er darauf, erlebte Zeitgeschichte mit zu verarbeiten. Er gab ihr den Titel: „Achtzig Lebensjahre im Rückblick (1921-2001)“. Sie umfasst 65 Seiten in DIN A5 mit einigen Abbildungen

Der ebenso anschauliche wie anrührende Lebensbericht vermittelt zahlreiche interessante Details mit typisch menschlichen Stärken und Schwächen im eigenen Erleben. Sie liegen in den Schicksalsjahren, die in jedem Deutschen dieser Generation vergleichbare Erinnerungsspuren zurückgelassen haben. Konrad Sutter gehört zu jenen Jahrgängen, die als Heranwachsende das Hitlerreich erlebten und im zweiten Weltkrieg den höchsten Blutzoll zu entrichten hatten. Ihm war das große Glück beschieden,  mit dem Leben davongekommen zu sein. Er hatte dann eine eineinhalbjährige Gefangenschaft zu erleiden und musste die Entbehrungen der Nachkriegszeit durchschreiten. So war er in der Lage, mit dem Beispiel des eigenen Lebens Zeitgeschichte aufzuzeigen, die den Generationen der Kinder und Enkel sonst verborgen geblieben wären, weil sich bisher nur wenige fanden, die wie er, ungeschminkt ihre Erfahrungen mitteilten.

Eingeleitet wird die Schrift mit der Kopie einer Postkarte von 1915. Gemalt gibt sie  in Color den Blick auf das Rheintal von Waldshut in Richtung Dogern wieder,  also vom jetzigen Wohnort zum Dorf, wo Sutter aufwuchs. Darunter befinden sich Verse aus dem Lied: Heimat am Hochry“, dessen Text auch Paul Körber verfasste.  Sie lauten:

Dört wo de Rhy vom Laufe chunt,  

go   Basel  hurtig  zieht                  

in sellem Erdstuck lieht dursunnt   

gilt jetzt my Heimetlied.                  

 

 

 

 Au Dogre isch en Ort am Ry,

liit  wie  en  Garrde  do,

vom Bürgelrai im Sunneschii,

  Blick macht riich und froh.

 

 

 

 

Einige weitere Lebensdaten des Konrad Sutter sollen noch wiedergegeben werden:

Er wurde am 11.April 1921 als Sohn der unverheirateten und im einstigen Murgtalkraftwerksbau der Firma Berberich von Säckingen aufgewachsenen Maria Sutter in Freiburg geboren. Ihr Vater und Großvater wie auch ein Bruder besorgten als Schlossermeister das Elektrowerk. Bei den nachfolgenden 16 Geschwistern musste Sutters Mutter früh in der Fremde in Stellungen gehen. Mit einem halben Jahr kam ihr Sohn Konrad als Pflegekind zum Landwirtsehepaar Josef und Josefine Wehrle nach Dogern. Dort wuchs er mit deren eigenen acht Kindern auf. Nach der Schulzeit erlernte er das Schlosserhandwerk in der Maschinenfabrik Mann in Waldshut. Nach weiteren zwei Jahren, beschäftigt als Granatendreher, wurde er 1941 zum Kriegsdienst eingezogen. Einer Ausbildung als Funker folgte der Einsatz im Osten und 1944 kurz im Westen, wo er in amerikanische Gefangenschaft geriet. 1946 entlassen, kehrte er zu den Wehrles zurück und arbeitete während eines Jahres auf deren Landwirtschaft, die jetzt einer der Wehrlesöhne betrieb.

In der Gefangenschaft hatte Sutter Gravieren gelernt. So konnte er jetzt eine Beschäftigung als Graveur im Optiker- und Schmuckgeschaft Egon Ebner in Waldshut  aufnehmen. Nun lernte er 1946 auch seine heutige Frau kennen. Die bevorstehende Währungsreform mit unsicherer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit veranlasste Sutter, 1947 in die Badische Gendarmerie einzutreten. Nach Dienstorten Rheinfelden und Überlingen kam er 1949 zur Polizei nach Waldshut, der Heimat seiner Frau, mit der er sich im gleichen Jahr verehelichte. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor.

Der anstrengende Schichtdienst bei der Verkehrspolizei in Waldshut setzte Sutters Gesundheit derart zu, dass er ihn 52-jährig aufgeben und 1973 in den Ruhestand gehen musste. Hatte Sutter bisher nur während der Freizeit Gelegenheit der historischen Forschung nachzugehen, so stand ihm jetzt, nachdem er sich gesundheitlich wieder erholt hatte,  ausgiebig Zeit zum intensiven Forschen zur Verfügung. Diese nützte er, unter ständiger Mithilfe seiner keine Mühe scheuenden Frau. Dabei besuchte er noch 55-jährig ein Jahr Lateinunterricht im Gymnasium in Waldshut.

Die Ausführungen über das von Konrad Sutter höchst verdienstvolle Wirken für die Geschichte unserer Heimat wäre sicher unvollständig, würde man nicht auch seine Auszeichnungen nennen, die ihm selbst höchste Stellen nicht versagten. „In Würdigung der zahlreichen Beiträge zur Heimatgeschichte, besonders von Waldshut und St.Blasien“ erhielt er 1984 in Stuttgart den Landespreis. 1991 verlieh ihm die Stadt Waldshut-Tiengen die silberne Verdienstmedaille. Die Stadt St.Blasien ehrte ihn 1996 mit der Fürstabt-Gerbert-Medaille in Gold und 1997 mit dem Fürstabt-Gerbert-Preis. Im Jahre 2000 wurde Konrad Sutter schließlich mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande  seine höchste Ehrung zuteil.

Vgl. hierzu auch Manfred Dietenberger: Zum 80. Geburtstag von Konrad Sutter. In: Land zwischen Hochrhein und Schwarzwald. Beiträge zu Geschichte des Landkreises Waldshut. Jahrgang 2001 herausgegeben vom Geschichtsverein Waldshut e. V., S. 89 -92

 

 

Bearbeitungsstand vom 03. Januar 2006

Beschreibung: D:\Homepages\salpeterer_net\Historiker\Sutter\Sut1.jpg

Beschreibung: D:\Homepages\salpeterer_net\Historiker\Sutter\Sut2.jpg

Beschreibung: D:\Homepages\salpeterer_net\Historiker\Sutter\Sut4.jpg

 

 

Am Mittwoch, d. 3. Januar 2007 verstarb Konrad Sutter in seinem Heim in der Waldeck-Straße 3 in Waldshut. Noch an einem der letzten Tage des alten Jahres sprach ich mit ihm. Er agte mir, dass es ihm nicht gut gehe: "Ich warte auf meinen Tod".
Er brauchte nicht lange mehr zu warten. Wie mir seine Frau Lissy berichtete, ging es dem Krebskranken am Mittwochmorgen besonders schlecht. Er hatte heftige Schmerzen und ihm war so schwindlig. Darum half sie ihm, auf seine Bitte hin, nach der Morgentoilette wieder ins Bett. Dort atmete er "so seltsam", so dass sie ihm zur Erleichterung ein Kissen unter den Kopf schob. Währenddessen schnaufte er noch einmal und verließ diese Welt.

Bis in seine letzten Tage half er im Haushalt mit, wobei ihm die üblichen Verrichtungen immer schwerer von der Hand gingen. "Aber nachmittags saßen wir bis zuletzt zusammen und tranken unseren Kaffee... Er konnte allerdings kaum noch ohne Schmerzen sitzen und musste stets ein Luftpolsterkissen verwenden... Die Schmerzen waren auch stärker geworden, aber er wollte die vom Arzt verordnete Maximaldosis schmerzstillender Medikamente nicht nehmen..."

Seit Mai 2006 hatten die Beschwerden zugenommen, die seine ihm bekannte Krebserkrankung zur Folge hatten. Er arbeitete jedoch unermüdlich weiter. Noch im Sommer erschienen zwei historische Abhandlungen in der Tagespresse. Auch einen Beitrag für die Zeitschrift des Geschichtsvereins Hochrhein über Waldshuter Kunsthandwerker stellte er noch fertig. Er habe, so teilte er mir bei dem letzten Gespräch mit, sein ganzes umfangreiches Archiv wohlgeordnet dem Kreisarchiv Waldshut in Dogern übergeben, damit der Heimatforschung die zahlreichen von seiner Frau und ihm angefertigten Bilddokumente und aus Archiven kopierten Schriften erhalten bleiben.

Er hat bis in die letzte Lebenszeit hinein als Historiker und Archivar gewirkt. Alle an der Heimatgeschichte Interessierten sind ihm dankbar dafür und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

© Dr. Joachim Rumpf

 

 

 

Einführung Historiker...\Einfuehrung.htm

zurück zu den Inhaltsangaben