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Über die Salpeterer im Hotzenwald
Historiker und Heimatforscher


Joseph Bader

 

Im neunzehnten Jahrhundert wurde, wie in dem einführenden Beitrag über die Salpetererrezeption bereits beschrieben, in der Öffentlichkeit lebhaften Anteil an dieser kleinen widerständigen Gruppe der Salpeterer aus dem Amtsbezirk Waldshut, genommen. In den Tageszeitungen wurden die Vorgänge diskutiert und Ursachen deklariert und alles dies nicht aus der Sicht der Akteure, sondern aus der der Journalisten. Insofern auch lässt sich die Instrumentalisierung der Salpeterer und ihrer Anliegen - wie sie ja bis in unsere Zeit hin andauern - recht gut belegen.
Einer, der eindeutig von liberalen Positionen aus über die Salpeterer schrieb, war der Schriftsteller, Jurist und Historiker Joseph Bader.
"Über die Unruhen im Hauensteinischen" war der erste Aufsatz überschrieben, der in der Zeitung "Der Schwarzwälder" Nr. 21 am 19. März 1833 erschien, und am 22. März ein weiterer Aufsatz in dieser Zeitung und endlich ein Büchlein, in dem er die Texte aus den Zeitungsartikeln einarbeitete ("Über die Unruhen im Hauensteinischen." Freiburg, 1833)

In einem Buch "Briefe über das badische Oberland" (Freiburg 1833 S. 58) charakterisierte er die Hotzenwäldern, wie er sie sah:
"Man bemerkt bei diesem Volk ein auffallendes Gemisch von treuherziger Offenheit und misstrauischer Schlauheit, welches nicht anders als aus seiner Geschichte zu erklären ist. In den ältesten Zeiten der Freiheit sprach jedermann wie er dachte.
Als aber nachmals durch den wachsenden Druk der geistlichen und weltlichen Herren die Gemüther eingeschüchtert und verdüstert wurden, lernte das Volk bald auch anders reden, als es dachte. Man hegte ein billiges Misstraun gegen alles, was von oben kam; der Haß gegen die Oberkeit erbte vom Vater auf den Sohn; es wurden Verschwörungen angestiftet, welche List und Verstecktheit nothwendig machten, und desto hartnäckiger fortdauerten, je weniger man durch sie erreichte."


"Die gewaltsame Unterdrückung erzeugte das schleichende Gift geheimer Verbindungen; es entstand die religiös-politische Sekte der Salpeterer, welche durch ihre fanatische Verblendung gegen sich empört … hat"
(aus: Die ehemalige Grafschaft Hauenstein und ihre Bewohner. In: Badenia I (1839) , S. 25).

Seine Interpretation schwankt, so sieht es Tobias Kies heute, zwischen der Bewunderung eines "scheinbar ungebändigten Freiheitswillens der Salpeterer und dem Abscheu vor ihrer sonderbaren Verblendung"
(Kies, Tobias: Verweigerte Moderne?, Konstanz 2004, S. 404).

Joseph Bader, stimmt mit seinem Freund Heinrich Schreiber darin überein, dass die Salpeterer einen "poltisch-religiösen Wahn unter sich fortpflanzen" (aus der Vorrede zu "Über die Unruhen im Hauensteinischen". Freiburg 1833, S. III). In seiner Eigenschaft als Archivrat im neuen Großherzogtum Baden und einer Persönlichkeit, die mit seiner 1834 zum ersten Mal erschienenen "Badischen Landesgeschichte" maßgeblich zur Identität dieses neuen Staatswesens in Deutschlands Südwesten beitrug, konnte er kein Freund einer Gruppierung sein, die sich diesem Staat widersetzte.
Darüber hinaus trugen seine Schriften und die seiner Freunde dazu bei, den schlechten Ruf der Angehörigen dieser "Sekte", wie sie Heinrich Hansjakob später bezeichnete ins Land zu tragen. Er sah in ihren widerständigen, wenn auch passiven Verhalten sogar die Gefahr eines "Bürgerkrieges
(in: Badenia I / 1839, S. 25).

Jede Art von Unbotmäßigkeit der staatlichen Gewalt gegenüber galt, dafür sorgten ganz allgemein und übereinstimmend sowohl die Vertreter der Staatsmacht und ihrer Protagonisten als auch, und das schon seit langem, die Kirchen und zwar im ganzen Deutschen Reich. Dieses Gehorsams - und Unterordnungsgebot wurde im Laufe der Zeit und von vielen Generationen im deutschen Volk derart verinnerlicht, dass es zu jenen obskuren Einstellungen und Verhaltensmöglichkeiten kam, wie sie später in der Literatur des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts mit satirischer Bitternis unter anderen von Heinrich Mann (Der Untertan) oder Carl Zuckmeier (Der Hauptmann von Köpenik) ihren Ausdruck fanden (vgl. dazu auch unten die Zwischenbetrachtung).

 

 

Nun verhielt sich der am 21. September 1805 in Tiengen geborene Joseph Bader keineswegs während seines ganzen Lebens angepasst. Es war seine Hinwendung zu den neuen, in bürgerlicher Revolution und republikanischem Freiheitsverständnis wurzelndem Ideal eines deutschen Nationalstaats, die ihn als Freiburger Studenten in die Studentenverbindung "Germania" führte. Diese studentische Verbindung wurde, ebenso wie andere unangepasste und dem Republikanismus verdächtige Gruppierungen von den staatlichen Behörden beobachtet, verboten und verfolgt. Auch Bader wurde 1824 vom Studium der Theologie und Jurisprudenz ausgeschlossen. Seine weiteren Studien galten fortan der "vaterländischen Geschichte", so steht es im "Universal-Lexikon im Großherzogtum Baden". 2/Karlsruhe 1847).

Joseph Bader war ungemein fleißig. Er verfasste eine Geschichte seiner Heimatstadt Tiengen und einen historischen Abriss der Stadt Waldshut, von denen Teile in den damals neuen "Freiburger Heimatblättern" erschienen. Professor Heinrich Schreiber war von den Arbeiten des jungen Historikers und Schriftstellers sehr angetan, förderte ihn nach Kräften und ermöglichte ihm den Zugang zu den Archiven in Freiburg und Karlsruhe. Bader setzte sich als Aufgabe, eine Geschichte der badischen Lande zu schreiben und verfolgte dies mit großer Beharrlichkeit. Ab 1834 - er war also erst neunundzwanzig Jahre alt - veröffentlichte er bis 1836 Teile daraus als Hefte, die rasch vergriffen waren. 1837 wurde eine zweite, nunmehr als Buch gefasste Auflage nötig. Inzwischen war Bader 1838 von der Freiburger historischen Gesellschaft zu ihrem Mitglied ernannt worden und erhielt sogar von der Freiburger Universität die Würde eins Dr. phil., mit der sie eine von ihm bearbeitete Preisfrage der Fakultät belohnte. Ein sonst übliches Promotionsverfahren war wegen seiner Religierung nicht möglich gewesen.
Bader reiste immer wieder durch das ganze badische Land und schrieb darüber in Reiseberichten, verfasste Abhandlungen über die Natur, die Menschen und die Wirtschaft.

1837 hatte er eine feste Anstellung als Gehilfe (mit 600 Gulden Jahresgehalt) im Generallandesarchiv (GLA) erhalten, nachdem seine Bewerbung zwei Jahre zuvor noch abschlägig beschieden worden war. 1841 wurde er Kanzlist und 1844 zum Assessor ernannt. Am GLA bereitete er die Herausgabe einer Zeitschrift für badische Geschichte und Landeskunde vor, deren erster Ausgabe 1839 mit dem Titel: "Badenia oder das badische Land und Volk. Eine Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Landeskunde…" erschien. Die bis 1844 erschienen drei Ausgaben erfreuten sich großer Beliebtheit, waren bald vergriffen und werden heute, wenn man sie antiquarisch erwerben wollte, nicht unter 1.600    erhältlich (Recherche bei ZVAB im Februar 2006).
Besonders der zweite Band aus dem Jahre 1840 ist mit einigen Beiträgen unserer Region gewidmet. Darin sind u. a. die Aufsätze "Die ehemalige Grafschaft Hauenstein und ihre Bewohner" oder "Geschichte des Gotteshauses St. Blasien" enthalten.
Am 31. Januar 1842 bittet das GLA das Ministerium des Innern "die Staatserlaubnis zur Heirat mit der ledigen Anna Albert, Tochter des Bürgers Mathe Albert aus Bonndorf geneigtest auswirken zu wollen".

 

 

Überhaupt war es in der damaligen Zeit üblich, sich seinen vorgesetzten Behörden oder gar dem "Königlich Großherzoglichen Hof gegenüber - aus unserer heutigen Sicht - äußerst devot zu verhalten. Besonders bemerkenswert erscheint mir, dass dieses Verhalten auch von den Persönlichkeiten erwartet wurde, die Dank ihrer herausragenden publizistischen Leistungen im ganzen Land bekannt waren und als Experten geschätzt wurden. Dies traf ohne Zweifel auf Josef Bader zu. Aus seinen Personalakten ist zu ersehen, dass er nicht eine Beförderung oder gar Besoldungserhöhung ohne entsprechende Bittschriften erhalten hätte. Wiederholt und sehr eindringlich bat der Leiter des Großherzoglich-Badischen Generallandesarchivs für seinen Mitarbeiter am 10. Juni 1854 darum, ihm endlich die Würde eines Archivrats zu verleihen. Am 19. Dezember zeigte die Bittschrift Wirkung als ihm mitgeteilt wurde, dass "Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben durch höchste Entschließung … geruht…"
Von diesem Zeitpunkt an erhielt Bader ein Jahresgehalt von 1.600 Gulden. Nicht eine einzige Gehaltserhöhung wurde ohne entsprechende Bittschrift, verfasst vom Leiter des Archivs, gewährt. In fünf zeitlich zwischen einem und sechs Jahren liegenden Besoldungserhöhungen, erhielt er jedes Mal 200 Gulden mehr bis er, 1871 mit 2.600 Gulden, sein höchstes Jahressalär erreicht hatte und das, orientiert an den damaligen Besoldungsverhältnissen sehr gut gewesen ist
(Über die "Dienerbesoldungen" im Großherzogtum vgl.: Stiefel, Karl: Baden 1648 - 1952, Band 1, Karlsruhe 2/1979, S. 566 ff).
Es kann hier keine Aussage über die Kaufkraft seiner Einkünfte gemacht werden - und darum geht es mir auch gar nicht bei diesen Hinweisen. Für mich bleibt von Bedeutung, dass Leistungen erst nach entsprechenden Bittschriften und dann im wahrsten Wortsinne als eine "Gnade" gewährt wurden.

 

 

Eine Zwischenbetrachtung.

Ob wohl die in unserem heutigen Verständnis diskriminierenden, die Würde des Einzelnen verletzenden Prozesse im Umgang miteinander vor zweihundertfünfzig Jahren von den beteiligten Menschen nicht wahrgenommen wurde?
Vermutlich nicht. Das soziale Denken und Fühlen war allein darum schon ganz anders gewesen, weil jeder Mensch in diese, ganz auf den Landesfürsten orientierte autoritätshörige Welt hineingeboren worden war. Die meisten Menschen nahmen es hin, dass Standesunterschiede und Geburtsadel der göttlichen Ordnung entsprachen und es darum unmöglich war, sich ohne den Verlust von Ansehen und Bürgerrechten, dagegen auszusprechen.
Als Belege für diese Betrachtungsweise möchte ich auf die im 6. Konstitutionsedikt des Großherzogtums vom 4. Juni 1808 (R145) festgeschriebenen "Rechte und Pflichten der Staatsbürger oder Staatsuntertanen" verweisen. Für die Erbhudigung dem Großherzog gegenüber hatte jeder männliche Badener nach seinem 21. Lebensjahr eidlich zu versichern,

"dem Regenten und seinem rechtmäßigen Nachfolger treu, hold und gegenwärtig zu sein, nach Kräften dessen Schaden abzuwenden, dessen Bestes zu fördern, auch den Gesetzen des Staates untertänig und den obrigkeitlichen Geboten gehorsam zu sein."

Die Person des Großherzogs war "von Gottes Gnaden" und "heilig und unverletzlich". Und wenn ein Landesbeamter, wie Joseph Bader von diesem seinem Landesherrn etwas wollte, dann wandte er sich nicht direkt an ihn, sondern die Spitze seiner Behörde (hier das Großherzogliche Generallandesarchiv) reichte entsprechende Bittschriften ein. (Vgl. dazu: Stiefel, 2/1979, S. 241 ff)

 

 

Von der Zeitschrift "Badenia" erschienen keine weiteren Jahrgänge. 1859 und 1862 gab es zwar noch einmal einen Versuch die Zeitschrift neu zu beleben. Dabei blieb es dann auch. Bader hat stattdessen eine ganze Reihe anderer Bücher geschrieben, in denen er weiterhin sowohl Landschaftsbeschreibungen als auch historische Themen wählte.

"Literarische Höhepunkte aber sind seine Reiseschilderungen "Meine Fahrten und Wanderungen in Heimatlande": in biedermeierlich-spätromantischer Weise gelingt es hier dem Verfasser, Landschaften und Naturschönheiten mit präzisen Angaben über ihre Bewohner, Gebräuche und Sitten in seine stets persönliche Prosa mit hinein zu nehmen:" (Helmut Bender 1980, S. 204 - 207).

Am 9. April wird er "mit Anerkennung" in den Ruhestand entlassen, ihm aber, ebenfalls auf entsprechender Bittschrift hin, erlaubt, das Archiv weiter benutzen zu dürfen.

Nach dem Tode seiner Frau 1881 verlegt er seinen Wohnsitz nach Freiburg. Dort erlebt er noch das Erscheinen des ersten Bandes seiner "Geschichte der Stadt Freiburg". Anfang 1883 erkrankte er und starb am 7. Februar 1883 im 78. Lebensjahr.

In einem ungezeichneten Nachruf in der ZGO 36/1983, S. 476 - 478 sind ein Nachruf und das Verzeichnis seiner Schriften abgedruckt. Hier ein Auszug aus dem Nachruf:

"Seine geschichtlichen Forschungen und seine schriftstellerischen Arbeiten bilden ein rühmliches Denkmal seiner durch ein langes Leben unermüdet fortgesetzte fleißige und liebevolle Thätigkeit auf den Gebiet der badischen Landesgeschichte, die seinem Namen für immer ein ehrenvolles Andenken sichert."

 

 


Für diesen Aufsatz wurden folgende Schriften verwendet:

Archivalien: GLA 76/225 + 226 sowie 60/212
Bender, Helmut: : Josef Bader - Archivrat und Reiseschriftsteller. In: Vom Hochrhein, Hotzenwald und südlichen Schwarzwald. Ein Mosaik. Freiburg 1980, S. 204 - 207
Weech, Friedrich v. (Hrsg.): Badische Biographieen 4. Theil. Karlsruhe 1891, S. 518

Ich möchte es nicht versäumen, Herrn Dr. Rainer Grüner vom GLA Karlsruhe für seine freundliche Unterstützung meiner Recherchen über Joseph Bader zu danken!

Zu seinen Literaturempfehlungen an mich gehörten:
> 1. Klein, Michael: Eine frühe "Sammlung" im Generallandesarchiv Karlsruhe : d. "Histor. Archiv" u. Josef Bader (1805-1883). - In: Aus der Arbeit des Archivars. - Stuttgart, 1986. - S. 339 - 360
> 2. Bender, Helmut: Josef Baders "Badische Landesgeschichte". - In: Bender, Helmut : Badisches Kaleidoskop. - Freiburg im Breisgau, 1984. - S. 107 - 119
> 3. Ell, Emil: Archivrat Josef Bader - eine faszinierende Person. - In: Der Altvater. - 41. 1983. - S. 5 - 6, 10 - 11

 

Dr. Joachim Rumpf
20. 02. 2007

 

 

 

Ich bat den Tiengener Konrektor i. R. und Heimatforscher Manfred Emmerich um Informationen über Joseph Bader. Aus der freundlichen und raschen Reaktion unten ein Auszug mit wertvollen Literaturhinweisen, die die oben angegebenen ergänzen::

 

Von: Manfred Emmerich [manfred.emmerich@gmx.de]
Gesendet: Dienstag, 27. März 2007 16:31
An: j.rumpf@gmx.de
Betreff: Ihr Brief vom 22.032007

 

Sehr geehrter Herr Rumpf

...

1. Badische Biographien, herausgegeben von Dr. Frierich von Wesch, Archivrat, I. Teil. Heidelberg, Bassermann, Verlagsbuchhandlung 1875 Joseph Bader S. 30

2. Dr. Joseph Bader-Ein Freund der Heimat von E. Müller-Ettikon, Alb-Bote 8. April 1972

3.Joseph Bader, Kenner und Freund des Badnerlandes von Dr. Helmut Bender, Alb-Bote 31.12. 1977

4. Der Rat Dr. Josef Bader und das freundliche Tiengen von Hans Matt-Willmatt, Beilage zum Schwyzertag 1977

5. Ein berühmter Sohn der Hochrheinstadt Tiengen von E. Baader, erschienen ?

6. Beiträge in den Chroniken über Tiengen: H. Brandeck (1936) Seite 220/221; H.Voellner (1987) u.a.Seite 213

ergänzende Anmerkungen:

Eine Gedenktafel am Schloss , J. Bader ist im Schloss geboren, und der Name einer Straße erinnern an J. Bader.

Verschiedentlich wird als Geburtsdatum angegeben: 20. Dezember 1805. Das ist falsch. Richtig ist 21. September 1805. Seine Mutter war Barbara Kornelij, der Vater Joseph Bader, schwarzenbergischer Beamter ( Aktuar). ...

 

 

27.03.07

 

 

 

 

 

 

 

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